Foto oben: Organisatoren und „Dreist“-Akteure: v.l. Landrat Manfred Müller, Klassenlehrerin Ines Rjosk, Annkatrin Domann (Jugendamt Stadt Paderborn), die Schauspieler Johanna Bethge, Robert Lieli sowie Markus Brockmeyer, Stefanie Lang (Jugendamt Kreis Paderborn, Marina Seipel (Jugendamt Stadt Paderborn), Christian Hahn (Busfahrer Padersprinter), KHK Jürgen Neuhoff (Polizei Paderborn, Kriminalkommissariat Kriminalprävention/Opferschutz)
„Zeig Mut! Schau hin und tu was.“Im Projekt der theaterpädagogischen Werkstatt Osnabrück werden methodisch Möglichkeiten aufgezeigt, wie sich Menschen in Konfliktsituationen helfend verhalten können. Zum zweiten Mal engagierte der Paderborner Präventionsrat die Osnabrücker Schauspieler, um Schülerinnen und Schülern im Kreis Paderborn die Teilnahme an dem Präventionsprojekt zu ermöglichen.
Am 28. Februar 2020 hieß Landrat Manfred Müller als Vorsitzender des Präventionsrats gegen Gewalt im Kreis Paderborn die drei Schauspieler des Busprojekts „Dreist“ an der Gesamtschule in Elsen willkommen. Markus Brockmeyer, Johanna Bethge und Robert Lieli waren gemeinsam mit den Organisatoren des Präventionsrats in einem vom Paderborner Busunternehmen „Padersprinter“ zur Verfügung gestellten Bus angereist, um die ersten Schülerinnen und Schüler der 8. Klassen authentisch in das Busprojekt „Dreist“ aufzunehmen.
Müller: „Jeder kann helfen, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Manchmal hilft schon eine Kleinigkeit, um eine Situation zu deeskalieren. Es ist gut, dass sich dieses Projekt genau da an Jugendliche wendet, wo diese alltäglich mit Problemen zu kämpfen haben.“
Schülerinnen und Schüler interagierenDie am Projekt teilnehmenden Schülerinnen und Schüler der Elsener Gesamtschule sind kaum in den Bus eingestiegen, als sie „Zeugen“ eines ersten Übergriffs werden. Eine junge Frau (Johanna Bethge) steigt zu und pöbelt einen Businsassen (Robert Lieli) an. Ziemlich dreist, denn es scheint ihr egal zu sein, dass alle Buspassagiere zugucken. Die Situation eskaliert, als die Frau ihr Opfer zu Boden stößt und der Jugendliche verzweifelt schweigend nach Hilfe sucht. Ein Fahrgast (Markus Brockmeyer) spricht den Jugendlichen an und lässt ihn neben sich sitzen - dann friert der Theaterpädagoge Brockmeyer die Situation ein.
In einer lebendigen Interaktion mit den Schülerinnen und Schülern ermuntert er alle, zu überlegen, wie man in einer solchen Situation helfen kann. Und das wird gleich ausprobiert: Die Schauspieler agieren exakt wie in der ersten Szene, nur diesmal bekommt das „Opfer“ deutlich früher Hilfe von den jugendlichen Fahrgästen. Einige Mädchen und Jungen greifen ein und versuchen die aggressive Frau von ihrem „Opfer“ zu trennen. Die ist aber echt „Dreist“ und lässt sich erst vom Busfahrer stoppen, der von einem Jungen auf die Situation aufmerksam gemacht und um Hilfe gebeten wurde. Padersprinter-Busfahrer Christian Hahn kennt solche Szenen und greift konsequent durch. Er ist wie viele seiner Kollegen für so etwas geschult und ermuntert seine „Projekt-Fahrgäste“, bei Problemen Hilfe vom Busfahrer einzufordern. Falls die Interventionen erfolglos bleiben, haben die Padersprinter-Busfahrer einen direkten Draht zur Polizei.
Gelebte GewaltpräventionDie Akteure der theaterpädagogischen Werkstatt wiederholen die Situation abermals und führen ihr Publikum so an verschiedene Interventionsmöglichkeiten. Später wechselt die Szene und eine Ausländerin steht im Fokus eines betrunkenen Fahrgastes und seines Kumpels. Schon sehr früh stehen Schülerinnen und Schüler auf, um der Frau zu helfen…
Nichts zu tun wäre völlig falsch„Es gibt keine goldene Regel, wie man bei solchen Konflikten in der Öffentlichkeit eingreifen kann - aber nichts zu tun wäre völlig falsch.“ Theaterpädagoge Brockmeyer und Kriminalhauptkommissar Jürgen Neuhoff, der ebenfalls im Bus sitzt und die Szenerie verfolgt hat, machen den Schülerinnen und Schülern klar, dass sich keiner selbst in Gefahr bringen soll. Neuhoff: „Betrunkene solltet ihr am besten gar nicht ansprechen - die Reaktionen sind unberechenbar. Rechtzeitig Hilfe holen - im Bus beim Fahrer oder einem anderem Erwachsenen - kann eigentlich jeder.“
Nach 45 Minuten endet die erste Bus-Projekt-Stunde mit „Dreist“. Aber die nächste Schulklasse steht schon an der Bushaltestelle und es erfolgt ein fliegender Wechsel. Die Theatergruppe startet von vorn.
Gegen Mittag fährt der Padersprinter-Bus zur Profilschule nach Bad Wünnenberg-Fürstenberg, wo ebenfalls zwei Schulstunden für das Projekt reserviert sind.
Markus Brockmeyer: „Wir lassen die Jugendlichen spontan Handlungsalternativen ausprobieren. Sie sollen in unserem Projekt selbst erfahren, wie sie in bedrohlichen Situationen deeskalierend eingreifen können. Unser Ziel heißt ‚Hinsehen statt Wegschauen‘, da gibt es viele Möglichkeiten - und das soll bei allen sitzenbleiben.“
Weitere Informationen zu „Dreist!“ - Theater im Bus - über die Link-Box rechts.
Präventionsrat gegen Gewalt im Kreis PaderbornDer Präventionsrat gegen Gewalt initiiert, fördert und bündelt Maßnahmen der Sozial- und Kriminalprävention nach der Grundidee „Gemeinsam für mehr Sicherheit“.
Er wurde im September 2008 nach einem Beschluss des Kreistages installiert und ist ein handlungsfähiges, mit Entscheidungsträgern besetztes Gremium unter der Leitung von Landrat Manfred Müller, das bereits existierende Präventionsgremien nicht ersetzen, sondern Vernetzung, Bündelung und „durchschlagskräftige“ Umsetzung fördern will.
Dabei handelt es sich nicht ausschließlich um den kriminalpräventiven Aspekt, sondern gleichberechtigt um den allgemein-präventiven, sozialen Ansatz.
Der Präventionsrat gegen Gewalt will unter der Beteiligung möglichst vieler verschiedener Verantwortungsträger im Kreis Paderborn ein stabiles und umfassendes kommunales Netzwerk entwickeln.
Weitere Infos zum Präventionsrat: https://www.kreis-paderborn.de/kreis_paderborn/der-kreis-paderborn/praeventionsrat/